Als ich diese Nester von Saatkrähen im Dezember 2008 fotografierte, dachte ich an meinen Vater. Auch er war Fotograf. Ich dachte an seine Lungenflügel, in die sich jetzt auch Metastasen eingenistet hatten. Das wusste ich seit ein paar Tagen. Ich wusste auch, dass er wieder operiert werden würde, mit anschließender Chemotherapie und dem ganzen Leid. Er starb im Februar 2012.
Die gedruckten Bilder lagen fast 12 Jahre in meinem Archivschrank, erst im Coronajahr 2020 holte ich sie wieder hervor. Sie erinnern mich an den stetigen Kampf des Lebens, das Werden und Vergehen, die geliehene Zeit. Zwischen dem kahlen Geflecht entlaubter Bäume und den bronchialen Verästelungen der Lungenflügel gibt es nicht nur visuelle Ähnlichkeiten, sondern einen funktionellen Zusammenhang: Während die Wälder als sogenannte „grüne Lungen“ den Sauerstoff produzieren, nehmen viele Wirbeltiere dieses lebenswichtige Element über ihre Lungen auf. Dieses Organ ist sehr fragil und anfällig für Krankheitserreger, wie z.B. das Coronavirus.
Nest, 2008/2020, Pigmentprint, 40x60cm